„O Gott!“
„O Gott!“ rufen manche Menschen aus, wenn Ihnen etwas Überraschendes begegnet, sodass sie es kaum glauben können. „O Gott!“ ist manchmal aber auch ein Hilferuf. Ein Schrei in der Not nach dem Allmächtigen, weil sonst niemand mehr da ist, der einem helfen kann.
Nachts gibt es solche Stunden. Von einem Alptraum geweckt, mit klopfendem Herzen, die Brust erdrückt von der Last schwerer Gedanken. Wie ein Orkan stürmt plötzlich die Angst mit unbändiger Gewalt durch mein Schlafzimmer. Vor dem Morgen, vor der Zukunft, vor anderen Menschen. Die Angst vor dem Leben. – So fühlen sich „O Gott“-Stunden an.
Es gibt aber auch diese schönen Momente. Ein Morgen im Urlaub. Ich schaue aus dem Fenster in einen sonnigen Tag. Eine freie Woche liegt vor mir, die Luft riecht nach Meer und mein liebster Mensch ist bei mir. Ich gehe im Pyjama vor die Türe und atme tief durch: „O Gott, ist das schön hier!“
Gott ins Leben einbeziehen
Auch in der Bibel wird an vielen Stellen berichtet, wie Menschen mit Gott reden. Sie gehen in die Stille und sagen ihm ihre Anliegen, ihre Nöte, ihre Ängste. Oder sie berichten ihm von den schönen Dingen, die sie erlebt haben, und danken ihm dafür.
In der Bibel gibt es ein Buch namens „Psalmen“. Hier findet man 150 Lieder, Gedichte und Gebete, die das Leben schrieb. Autor der meisten Psalmen war David, der jüngste von 8 Geschwistern. Ein Schafhirt, der von Gott auserwählt wurde, König von Israel zu werden. So steil, wie sein Weg nach oben führte, so wechselhaft war auch sein Leben. Als Sieger über Goliath wurde er gefeiert [1. Sam 17, 41ff], als Rivale von seinem Vorgänger König Saul verfolgt [1. Sam 20, 1ff]. Als König schickte er einen seiner Offiziere in den sicheren Tod an die Front, um dessen Frau heiraten zu können [2. Sam 11, 1ff]. David war kein Heiliger – er war ein Mensch, der mitten im Leben stand.
Von diesen Höhen und Tiefen zeugen die Psalmen, die David schrieb. Besonders bekannt ist der 23. Psalm, in dem er tief ergriffen seinen Dank an Gott richtet:
Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf grüner Aue
und führt mich zu frischem Wasser.
Er erquickt meine Seele
und führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte durchs finstere Tal
so fürchte ich kein Unglück.
Denn Du bist bei mir
Dein Stecken und den Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde.
Du salbst mein Haupt mit Öl
und schenkst mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
Genauso gibt es Gedichte, in denen er seine Schuld vor Gott bringt. In Psalm 32, 3ff schreibt er:
„Erst wollte ich dir, Herr, meine Schuld verheimlichen. Doch davon wurde ich so schwach und elend, dass ich nur noch stöhnen konnte. Tag und Nacht bedrückte mich dein Zorn, meine Lebenskraft vertrocknete wie Wasser in der Sommerhitze. Da endlich gestand ich dir meine Sünde; mein Unrecht wollte ich nicht länger verschweigen. Ich sagte: „Ich will dem Herrn meine Vergehen bekennen!“ – Und wirklich: Du hast mir meine ganze Schuld vergeben!“
David war ein Mensch, der Gott in allen Lebenslagen einbezog. Er brachte ihm seine Freude, seinen Tatendrang, seine Lasten, seine Schuld. Er klagte Gott auch an oder bat ihn um Hilfe in Bedrängnis. David ließ Gott an seinem Leben teilnehmen. Er besprach es mit ihm wie mit einem liebenden Vater.
Auch von Gebetserhörungen berichtet die Bibel. Das Buch Samuel erzählt die Geschichte von Hanna, die sich nichts sehnlicher wünschte als ein Kind. Sie betete zu Gott: „Hab doch Erbarmen und nimm diese Schande von mir! Schenk mir einen Sohn! Ich verspreche, dass er dir gehören soll!“ – Eli, einer der Priester im Tempel, bemerkte ihre Verzweiflung und fragte sie nach dem Grund. Als sie sich ihm offenbarte, erwiderte er: „Geh in Frieden, der Gott Israels wird deine Bitte erfüllen.“ – Und so geschah es, sie brachte Samuel zur Welt, der später Begründer des ersten israelitischen Königreichs wurde. [1. Sam 1, 2]
Auch Gebete in Krankheit und Tod werden erhört: Petrus, ein Jünger Jesu, wurde einmal zu einer jungen Frau namens Tabita gerufen, die krank geworden und gestorben war. Er kniete sich neben ihren Leichnam, betete und befahl ihr aufzustehen: „Da öffnete sie ihre Augen; und als sie Petrus sah, setzte sie sich auf.“ [Apostelgeschichte 9, 36-43]
Mit WUndern rechnen
Seit Jesus den direkten Weg zu Gott frei gemacht hat, kann jeder Mensch mit ihm in Kontakt treten. Gebet ist nicht mehr eine Sache von Priestern, Pastoren und ordinierten Geistlichen. Gebete müssen auch nicht vorgegeben und ausformuliert sein. In der Bibel waren sie das eigentlich nie.
Beten ist Reden mit Gott. Wie einem guten Freund kann ich mich ihm anvertrauen. Meine Sorgen, meine Ängste kann ich zu ihm tragen und ihn um Hilfe bitten. Für mich selbst und für andere.
Doch nicht nur das. Gebet bedeutet auch, auf Gott zu hören. Viele Christen ziehen sich regelmäßig an ein ruhiges Plätzchen zurück, beten, lesen in der Bibel und erleben darin Gottes Nähe. Manchmal spüren sie, wie Gott ihnen etwas gibt: Eine Erkenntnis, einen wichtigen Satz, ein Gefühl dafür, was sie tun sollen.
Wir haben als Christen erfahren, dass Gott auf diese Weise zugänglich ist. In Jesus Christus wurde er selbst einer von uns, er redete mit hohen Persönlichkeiten genauso wie mit Bettlern am Wegesrand. Er durchlebte Freude und Leid, Sonne und Schatten, Zuversicht und Angst. Wenn wir mit ihm reden, wissen wir, dass uns einer zuhört, der das echte Leben kennt. Wir spüren, dass er uns kennt, dass er uns von ganzem Herzen liebt, und dass die Beziehung zu ihm unser Leben wertvoll macht.
Wir haben erlebt, dass das Gebet Dinge zum Guten bewegen kann. Gott verändert darin meine Gedanken und mein Gemüt, er rückt meine Sorgen an den rechten Platz und lässt mich wieder hoffen. Gleichzeitig verändert er auch mein Lebensumfeld. Christen erleben, wie Gebetsanliegen erhört werden. Manchmal geht es nur um eine Klassenarbeit oder ein kritisches Gespräch. Manchmal geht es um die Lösung von verfahrenen Situationen. Und manchmal geht es sogar um gesundheitliche Heilung.
Wenn Gott der Schöpfer der Welt ist, wenn er selbst in Jesus Christus auf die Erde kam, berührbar und spürbar war, dann gehorcht diese – von ihm selbst erschaffene – Realität auch seinem Gestaltungswillen.
Gott vollbringt Wunder! – Davon sind wir als Christen überzeugt. Damit rechnen wir, und dafür bitten wir im Gebet!